Als Schüler der Volksschule in Schlangen Reviewed by Dieter Brand on . Von Hermann Kloke Erinnerungen an die Volksschulzeit in Schlangen hat Hermann Kloke 1980 in eine Rede eingefügt. Hermann Kloke, 1923 in Schlangen geboren, war s sfsdfsdfsdf Von Hermann Kloke Erinnerungen an die Volksschulzeit in Schlangen hat Hermann Kloke 1980 in eine Rede eingefügt. Hermann Kloke, 1923 in Schlangen geboren, war s Rating: 0

Als Schüler der Volksschule in Schlangen

Von Hermann Kloke
Erinnerungen an die Volksschulzeit in Schlangen hat Hermann Kloke 1980 in eine Rede eingefügt. Hermann Kloke, 1923 in Schlangen geboren, war seit 1949 als Lehrer im lippischen Schuldienst tätig und von 1970 bis zu seiner Pensionierung 1985 Leiter der Detmolder Paulinenschule. Er ist 1991 gestorben.

Ich werfe meinen Blick auf die Volksschule in Schlangen, die ich von 1929 bis 1937 besucht habe. Sie stand damals in jeder Beziehung im Mittelpunkt des Dorfes. Zwischen den zwei doppelgeschossigen Schulgebäuden, beide mit einem Anhang für Lehrerwohnungen versehen, erstreckte sich ein länglicher Schulhof mit einer Reihe mächtiger Linden, Kastanien und Silberpappeln.

Die 1900 eingeweihte „neue Schule“ mit dem Westteil des Schulhofes. Das Gebäude wurde seit 1959 nicht mehr als Schule genutzt und 1977 abgebrochen.  Foto: H. Diekmann, 1917

Die 1900 eingeweihte „neue Schule“ mit dem Westteil des Schulhofes. Das Gebäude wurde seit 1959 nicht mehr als Schule genutzt und 1977 abgebrochen.
Foto: H. Diekmann, 1917

An der Südseite stand die Dorfkirche mit dem mittelalterlichen Glockenturm, an der Nordseite konnte man in eine Schuhmacherwerkstatt sehen; und daneben lag ein Obstgarten mit einem Bienenhäuschen darin. Mitten auf dem Schulhof plätscherte sommers ein Trinkbrunnen. Die Glockenschläge der Turmuhr regelten den Stundentakt des Unterrichts, Curriculum, semantische Dimension, Sozialisation, rezeptive und produktive Kommunikation, Redundanzen und Innovationen kannten wir noch nicht, weder die Schüler noch die Lehrer. Wir Schüler liefen in Holzschuhen ins Dorf. Der Unterricht lebte hauptsächlich von der natürlichen Anschauung im Umkreis der Schule; zentrales Prinzip war die gute alte Heimatkunde. Gleich hinter der Kirche und dem Pfarrhaus lag die Pastorenwiese, an die Gemüsegärten, Getreidefelder und Viehweiden stießen. Der Wiesenbach führte auf dem Plänerkalk nicht ganzjährig Wasser. Und zu den Bauernhöfen, zur Tischlerei, zum Bäcker, zum Gasthof, zum Kaufmann, zur Schmiede, zum Schlachter, zum Buchbinder, zum Korbflechter und zur Hutmacherin waren es nur Katzensprünge nach allen Seiten.

Kartoffeln des Schulleiters aufgegraben

Da in der Oberstufe mein Klassenlehrer zugleich der Schulleiter und Organist war, hatte ich – ich weiß nicht, warum – gleich sechs Nebenämter: Ich durfte während des Unterrichts die Umläufe durch die Klassen jagen, ich durfte Schreibpapier und Tinte beim Buchbinder abholen, ich durfte jeden Monat einmal die Schülerzeitung „Hilf mit“ nach Kohlstädt, Oesterholz und Haustenbeck bringen, wo damals Hans Sprenger und Dr. Fritz Copei über uralte Sennewege und den fruchtbaren Moment im Bildungsprozess nachsannen, ich durfte im Schulgarten die Kartoffeln des Schulleiters aufgraben und in große Weidenkörbe sammeln, ich durfte sonntags während des Gottesdienstes den Blasebalg an der Orgel treten, und ich durfte alle Wochen einmal zum Korbflechter rennen, um für das Kollegium ein paar dünne Rohrstöcke zu besorgen, die ich unterwegs kräftig zwiebelte, damit sie beim Gebrauch alsbald splissten und so ziemlich schnell verwendungsunfähig wurden.

Alles in allem: Zwischen Lebensalltag im Dorf und Unterricht in der Volksschule bestand ein enger, unmittelbarer Zusammenhang, die Lehrer waren soziale Bekannte, die nicht täglich von außerhalb anreisen mussten, um nur Unterricht zu halten, und die sonst keine Einblicke in die Situation der Schüler daheim hatten.

(Publiziert am 25. Februar 2015)

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